Die
Tagungen von Telciu erlebten 2013 die zweite Auflage, während dieses Jahr die
dritte veranstaltet wird. Ohne die Zukunft dieser Veranstaltung prophezeien zu
können, zeigen drei Auflagen, dass, insoweit die unberechenbaren Variablen der
einheimischen Wirklichkeit, wie die ungewisse Zukunft der Doktoranden (die,
egal wie gut und innovativ ihre Dissertationen auch seien, ihre Ausbildung
nicht anwenden können, so dass auf sie eine Zeit der finanziellen und sozialen
Not wartet), nicht dazwischentreten, die Tagungen von Telciu eine Konstante des
Kulturlebens – und warum nicht? – auch ein Modell für neue Formen der
wissenschaftlichen Veranstaltungen werden könnte, ohne die lähmende Steifheit
des akademischen Milieus. Genau diese Kombination von entspannter Atmosphäre,
freiwillig angenommener Disziplin und hohem intellektuellen Anspruch, die die
Tagungen von Telciu kennzeichnen, macht die Effizienz der Tagungen von Telciu
möglich. In einer Gesellschaft, in der Anzug und Krawatte die unfehlbare
Garantie der „Ernsthaftigkeit“, eigentlich der institutionellen und intellektuellen
Trägheit, gepaart mit Unterwürfigkeit und Mutlosigkeit sind, bringen diese Art
von „alternativen“ Treffen frischen Wind in eine Welt, die von der Jagd nach
Punkten, ISI und anderen Instrumenten der intellektuellen Demütigung erstickt
wird. Im Unterschied zu den „grossangelegten“ Veranstaltungen, wo es keine Zeit
gibt, weder für die Präsentationen noch für die Diskussionen, sind die Tagungen
von Telciu der lebende Beweis dafür, dass ein Restaurant-Saal durchaus der Ort
tiefgehender intellektueller Auseinandersetzungen sein kann, so wie das die
Aula Magna niemals sein wird. Deshalb wäre es schade, wenn diese Tagungen bei
der dritten Auflage blieben.
Das
Thema der zweiten Auflage (25.-26. Juli 2013) war Buch, Wissen, Macht. Von
der Bibel zu den Gelben Seiten. Die dargebotenen Beiträge – leider konnten
nicht alle veröffentlicht werden – wurden im vorliegenden Band Buch – Wissen
– Identität. Kulturwissenschaftliche Studien versammelt. Selbst in dieser
Form ist der Band ein Spiegel, wenn auch ein unvollständiger, der Komplexität
des angesagten Themas. Warum wurde aber der Titel des Buches geändert? Die dem
Druck bestimmten Arbeiten sprachen weniger von der Macht als von der
Konstruktion der Identität, wobei diese nicht sosehr aus der Perspektive der
Macht, sondern eher aus derer dargestellt wird, die von der Macht, ja aus dem
öffentlichen Raum ausgeschlossen wurden (die
Arbeiten
von Mihai Gherman, Susann Goldstein und Nicolae Bosbiciu). Oder es geht um
Identität auf der unterstaatlichen Ebene, also um eine, anachronistisch
gesprochen, alternative Identität (Valentin Trifescu) oder um Identitätsbildung
durch nichtpolitische Macht (Valer Cosma). Die Schaffung der Identität als
Kunstwerk (Ioana Manta), durch das Kunstwerk (Anca Tatay) oder durch Folkloresammlungen
(Otilia Badea) sind weitere Beiträge, die die Änderung des Titels in Buch –
Wissen – Identität sowie die Wahl des Untertitels Kulturwissenschaftliche
Studien rechtfertigen.
Die
Tagung von Telciu, wo zwar die Historiker in der Mehrzahl sind, wird trotzdem
nicht von den Historikern monopolisiert, obwohl ihr „Ideologe“ und
Veranstalter, Valer Simion Cosma, Historiker ist (inzwischen hat er seine
Dissertation glänzend verteidigt), denn er gehört zu denen, wie die Mehrzahl
der Teilnehmer übrigens, die die Grenzen der verschiedenen Fächer überwinden.
Ein anderes Kennzeichen der Tagung ist der Versuch, sich aus der Enge der
fachspezifischen Klischees zu befreien. Allerdings will in den letzten Jahren
jeder Beitrag bedeutend und erneuernd sein, aber die Innovation besteht oft nur
in der Verwendung eines neuen Computers. In Telciu hingegen, wird das Verlassen
des schützenden Schirmes der Mythen mit dem Mut jener angegangen, die nichts zu
verlieren haben: entweder, weil sie schon beruflich konsolidiert sind, oder
aber, weil sie wissen, dass sie nach der Verteidigung ihrer Dissertation eine
glänzende Karriere als überqualifizierte Arbeitskräfte erwartet.
Telciu
war im Sommer 2013 für zwei Tage lang ein kleines Arkadien, wo das
wissenschaftliche Programm mit einem Besuch im Museum für Vergleichende Kunst
in Sângeorz-Băi ergänzt wurde. Denn, was für ein Arkadien ist jenes, in dem die
Künste fehlen? Und da auch die Dichtung nicht fehlen durfte, wurde ein Teil der
Tagung in Runcu Salvei abgehalten, wo es eine wahrhaftige Kulturbewegung gibt,
die unter anderen von den lokalen Dichtern gefördert wird. Und in Arkadien, sei
es auch nur in der Nassoder Gegend, sind Kunst und Dichtung Teil der
Selbstverständlichkeit des Alltags und elementare Bestandteile des Lebens.
In
einer Welt, in der die geisteswissenschaftlichen Fächer ihre Existenz
rechtfertigen müssen, weil sie nicht „pragmatisch“ genug sind, hält die
Tatsache, dass ein ländliches Bürgermeisteramt eine Tagung in diesem
“übelbeleumdeten” Bereich der Errichtung einer hurrapatriotischen Statue
vorzieht, während die Tagung es wagt, durch ihren Inhalt unkonventionell zu
sein, die Hoffnung wach, dass es für die Mutigen noch eine Zukunft gibt.
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